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BEZEICHNUNG

       UTF-8 - eine ASCII-kompatible Multibyte-Unicode-Kodierung

BESCHREIBUNG

       Der  Unicode-3.0-Zeichensatz  ist  durch 16-Bit-Wörter definiert. Die offensichtlichste Unicode-Kodierung
       (UCS-2) besteht aus einer Folge von 16-Bit-Zeichen. Solche Zeichenketten können – als Bestandteile vieler
       16-Bit-Zeichen – Bytes wie »\0« oder »/« enthalten, die z. B. in Dateinamen und  anderen  Argumenten  von
       C-Bibliotheksfunktionen  eine besondere Bedeutung haben. Außerdem arbeiten die meisten UNIX-Programme mit
       ASCII-Dateien und können 16-Bit-Wörter nicht ohne größere Änderungen verarbeiten. Darum ist  UCS-2  keine
       geeignete  externe  Kodierung  von  Unicode  in Dateinamen, Text-Dateien, Umgebungsvariablen usw. Der ISO
       10646 Universal Character Set (UCS), eine Erweiterung von  Unicode,  belegt  sogar  einen  noch  größeren
       Code-Raum  –  31  Bit.  Die  offensichtliche UCS-4-Kodierung dafür (eine Folge von 32-Bit-Wörtern) leidet
       unter denselben Problemen wie die UCS-2-Kodierung.

       Die  UTF-8-Kodierung  von  Unicode  und  UCS  hat  diese  Probleme  nicht.  Sie  ist  der   gebräuchliche
       Anwendungsfall des Unicode-Zeichensatzes auf UNIX-artigen Betriebssystemen.

   Eigenschaften
       Die UTF-8-Kodierung hat die folgenden netten Eigenschaften:

       * Die  UCS-Zeichen  0x00000000  bis  0x0000007f (die klassischen US-ASCII-Zeichen) werden einfach als die
         Bytes 0x00 bis 0x7f kodiert und auf diese Weise die ASCII-Kompatibilität  hergestellt.  Dateinamen  und
         Zeichenketten,  die  nur  aus  7-Bit-ASCII-Zeichen bestehen, haben darum unter ASCII und UTF-8 dieselbe
         Kodierung.

       * Alle UCS-Zeichen über 0x7f werden als Folge mehrerer Bytes im Bereich 0x80  bis  0xfd  dargestellt,  so
         dass  kein ASCII-Byte als Teil eines anderen Zeichens auftritt und es keine Probleme z.B. mit »\0« oder
         »/« gibt.

       * Die lexikographische Sortierreihenfolge von UCS-4-Zeichenketten bleibt erhalten.

       * Alle möglichen 2^31 UCS-Zeichen können mit UTF-8 kodiert werden.

       * Die Bytes 0xc0, 0xc1, 0xfe und 0xff werden in der UTF-8-Kodierung nicht verwendet.

       * Das erste Byte einer  Multibyte-Folge,  die  ein  einzelnes  nicht  in  ASCII  enthaltenes  UCS-Zeichen
         darstellt,  ist  grundsätzlich  im Bereich 0xc2 bis 0xfd und zeigt die Länge der Folge an. Alle anderen
         Bytes der Folge sind  im  Bereich  0x80  bis  0xbf.  Dadurch  wird  eine  einfache  Neusynchronisierung
         ermöglich,  da  die Kodierung zustandslos und daher robust gegenüber fehlenden oder verloren gegangenen
         Bytes ist.

       * UTF-8-kodierte UCS-Zeichen können bis zu sechs Byte lang sein. Da aber die Unicode-Norm  keine  Zeichen
         über 0x10FFFF spezifiziert, können Unicode-Zeichen in UTF-8 nur bis zu vier Byte lang sein.

   Kodierung
       Die  folgenden  Byte-Folgen werden für die Darstellung eines Zeichens verwendet. Die zu verwendende Folge
       hängt vom UCS-Code des Zeichens ab:

       0x00000000 - 0x0000007F:
           0xxxxxxx

       0x00000080 - 0x000007FF:
           110xxxxx 10xxxxxx

       0x00000800 - 0x0000FFFF:
           1110xxxx 10xxxxxx 10xxxxxx

       0x00010000 - 0x001FFFFF:
           11110xxx 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx

       0x00200000 - 0x03FFFFFF:
           111110xx 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx

       0x04000000 - 0x7FFFFFFF:
           1111110x 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx 10xxxxxx

       Die xxx-Bits werden durch den Code des Zeichens in Binärdarstellung ersetzt, mit dem höchstwertigsten Bit
       zuerst (Big Endian). Es wird die jeweils kürzeste Multibyte-Folge benutzt,  die  den  Code  des  Zeichens
       darstellen kann.

       Die  UCS-Codewerte  0xd800…0xdfff  (UTF-16-Ersatzzeichen)  sowie 0xfffe und 0xffff (in UCS keinem Zeichen
       zugeordnet; UCS noncharacters) sollten nicht  in  standardkonformen  UTF-8-Datenströmen  enthalten  sein.
       Gemäß  RFC  3629  sollte kein Punkt oberhalb von U+10FFFF verwendet werden, wodurch Zeichen auf vier Byte
       beschränkt werden.

   Beispiel
       Das Unicode-Zeichen 0xa9 = 1010 1001 (das Copyright-Zeichen) wird in UTF-8 als

              11000010 10101001 = 0xc2 0xa9

       dargestellt und das Zeichen 0x2260 = 0010 0010 0110 0000 (das Ungleich-Symbol) als:

              11100010 10001001 10100000 = 0xe2 0x89 0xa0

   Bemerkungen zur Anwendung
       Anwender müssen, z.B. mit

              export LANG=en_GB.UTF-8,

       eine UTF-8-Locale wählen, um die UTF-8-Unterstützung in Programmen zu aktivieren.

       Anwendungs-Software, die auf den verwendeten Zeichensatz achten muss, sollte immer, z. B. mit

              setlocale(LC_CTYPE, ""),

       die Locale setzen und Programmierer anschließend den Ausdruck

              strcmp(nl_langinfo(CODESET), "UTF-8") == 0

       auswerten,  um  festzustellen,  ob  eine  UTF-8-Locale  ausgewählt   wurde   und   ob   daher   sämtliche
       Standard-Klartexteingaben  und  -ausgaben,  Terminalkommunikation,  Klartext-Dateiinhalte, Dateinamen und
       Umgebungsvariablen in UTF-8 kodiert sind.

       An Einzel-Byte-Kodierungen gewöhnte Programmierer müssen  daran  denken,  dass  zwei  bislang  getroffene
       Annahmen in UTF-8-Locales nicht mehr gültig sind. Erstens bedeutet ein einziges Byte nicht mehr unbedingt
       ein  einzelnes  Zeichen.  Zweitens,  da  moderne  Terminal-Emulatoren  im  UTF-8-Modus  auch chinesische,
       japanische und koreanische Zeichen doppelter Breite sowie Kombinationszeichen ohne horizontalen  Vorschub
       unterstützen,  setzt  die  Ausgabe  eines  einzelnen Zeichens nicht unbedingt den Cursor um eine Position
       weiter, wie es bei ASCII der Fall war. Heutzutage sollten Sie Bibliotheksfunktionen wie mbsrtowcs(3)  und
       wcswidth(3) nutzen, um Zeichen und Cursorpositionen zählen.

       Die  offizielle  Escape-Sequenz aus einem ISO-2022-Kodierungsschema (wie zum Beispiel von VT100-Terminals
       verwendet) nach UTF-8 ist ESC % G ("\x1b%G"). Die entsprechende Sequenz für die Rückkehr von UTF-8 zu ISO
       2022 ist ESC % @ ("\x1b%@"). Andere ISO-2022-Sequenzen (wie zum Umschalten der G0- und G1-Sätze) sind  im
       UTF-8-Modus nicht anwendbar.

   Sicherheit
       Die  Standards Unicode und UCS fordern, dass Erzeuger von UTF-8 die kürzeste mögliche Form liefern. Z. B.
       ist der Erzeugung einer Zwei-Byte-Sequenz mit dem ersten Byte 0xc0 nicht konform.  Unicode  3.1  fordert,
       dass  konforme Programme in ihrer Eingabe Formen, die nicht die kürzesten sind, nicht akzeptieren dürfen.
       Dies  geschieht  aus  Sicherheitsgründen:  Wenn  Benutzereingaben  auf  mögliche  Sicherheitsverletzungen
       überprüft  werden, könnte ein Programm nur nach den ASCII-Versionen von "/../" oder ";" oder dem Nullbyte
       suchen und übersehen, dass es viele  Möglichkeiten  einer  Nicht-ASCII-Darstellung  neben  der  kürzesten
       UFT-8-Kodierung dieser Zeichen gibt.

   Standards
       ISO/IEC 10646-1:2000, Unicode 3.1, RFC 3629, Plan 9.

SIEHE AUCH

       locale(1), nl_langinfo(3), setlocale(3), charsets(7), unicode(7)

ÜBERSETZUNG

       Die  deutsche  Übersetzung  dieser Handbuchseite wurde von Sebastian Rittau <srittau@jroger.in-berlin.de>
       und Martin Eberhard Schauer <Martin.E.Schauer@gmx.de> erstellt.

       Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder  neuer
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Linux man-pages 6.03                            10. Februar 2023                                        UTF-8(7)